timmo
wenn alle popsongs vermarktet, alle melodien verjinglet und jeder auch nur halbwegs schöne
twen es in c&a-reklamen zu fragwürdigem ruhm gebracht hat, wird es zeit für eine neue
sorte star.
„klein und rund“ muss sie sein, unbedacht großmäulig und brachial poetisch.
kurz: sie muss sein wie timmo.
als der 21-jährige und damals arbeitslose 2002 den sozialhilfefinanzierten
2000-euro-rechner in seiner wohnung aufstellte, wusste er anfangs wenig damit anzufangen.
aber ein haufen billiger software, ein casio-keyboard, ein faible für hiphop,
disco-pop und studio braun waren die richtige mischung, um dem computer das
pop-produzieren beizubringen.
mit einer unverschämten first-take-attitüde und einem billig-mikro brät
timmo neue lyrics über fahrig zusammen geschusterte versatzteile seiner
liebsten popsongs. so haucht er den total überhörten mainstream-hits
neues leben ein. denn in timmos versionen passt die zeile „komm lass
mich den track hören“ auf einmal hervorragend auf den refrain von cindy
laupers „girls just wanna have fun“. und die punchline „bring mit
ein würstchen mit“ steht dem disco-evergreen „oh what a night“ auf
einmal viel besser zu gesicht als seine tausendmal gehörter originalrefrain.
doch partylöwe timmo hat auch eine
intellektuelle seite. so legt er in „verliebt in dich“ die beziehungsdynamik eines
arbeiterklasse-pärchens offen. und – nach dem
11. september sind wir schließlich alle politisch – deckt in „alles
ist amerika“ |
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schonungsloser die machenschaften und ränke
der bush-regierung auf als michael moore es jemals könnte.
zwischen den songs finden sich immer wieder
komödiantische improvisationen, telefongespräche und monologe – feine
verbeugungen vor der arbeit diverser ausnahmekünstler von adolf noise bis
heinz strunk.
doch diese bald erscheinende cd ist nur die spitze des entertainment-eisbergs
timmo. denn wenn der „kleine runde“ die bühne entert sehen star entertainer wie
robbie williams ebenso blass aus wie trashkunst-ikonen sorte schlingensief.
denn timmo besetzt die bühnen im stile der hafenstraßen-bewohner. erstmal rauf, warum man da ist kann man sich später überlegen.
auf der bühne wird
gefreestylt, getanzt und vor allem: gepunkrockt im besten sinne. so hat er schon zu verschiedenen
anlässen ein halbes publikum begeistert und die andere hälfte zum kopfschütteln/gehen animiert.
doch nicht nur auf der bühne schuftet timmo weiter an seinem mythos. nebenbei ist er
mc der 8-bit-combo „naomi sample & the go go ghosts“, veröffentlicht
telefoncomedy auf www.stunksucher.de und arbeitet an einem dokumentarfilm – über sich selbst.
dieser wird voraussichtlich mitte des jahres auf musikfladen veröffentlicht.
ja, so kann es gehen. vom nutzlosen vieh zur treibenden kraft im deutschen
popbusiness. da fragt man sich doch warum man bei fast fünf millionen arbeitslosen noch
dsds braucht. |
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